Garten(t)räume und mehr

Katja Liedle                   www.soulimages.eu
Katja Liedle www.soulimages.eu

Liebe LeserInnen,

ich glaube, dieses 2021 ist ein Blumenjahr - in den Gärten blüht und duftet es um die Wette.

Einige meiner KursteilnehmerInnen haben sich von den verschiedensten Impulsen zu Texten inspirieren lassen - vielleicht geht es Ihnen ja auch genauso …

 

Viel Freude dabei!

 

Ihre Cornelia

Frühlingswald

 

Alte Freunde mit offenen Armen und borkiger Haut

in moosigen Mänteln begrüßen an lichtscheuen Wegen

Umschlingen warm suchende Seelen

In fedrig-frisches Blattwerk getaucht

Winziges Wir auf nassen Laubwaldwegen

Beschreiten beherzt den lindgrün lockenden Pfad

 

© Caroline Lucht

 

 

Die blaue Blume der Romantik

 

Die blaue Blume er suchte

Doch leider, es schien ein Verzicht.

Stadt, Feld und Wald er durchsuchte,

Vergeblich - hier fand er sie nicht.

 

Der Dichter wanderte lange,

Diese Blume endlich zu schau’n.

Doch eigentlich suchte er bange

Sein eigenes Glück aus dem Traum.

 

Er konnt‘ es wohl nicht erlangen,

Doch die Sehnsucht blieb immerdar

Und Eichendorff blieb gefangen

In romantischen Träumen - wie wahr!

 

Wirst du sie selbst einmal sehen,

Der Romantik Blume in blau,

Und ist‘s ein zaub‘risch Geschehen,

So bleib‘ einfach stehen - und schau!

 

© Edith Lerch

 

 

Frühlingserwachen im Garten

 

Mit dem letzten Rest vom Schnee zeigt sich ein leichter Grünschimmer in der hohen Weide auf dem Nachbargrundstück.

In den Gärten ringsumher breiten sich Blütenmeer und Blütendüfte aus.

Wildbienen schwirren um Insektenhotels, belegen leere Bohrungen im Holz und verschließen diese, wenn sie ihre Eier hineingelegt haben, mit feuchten Lehm.

Hummeln, Bienen und Schmetterlinge laben sich am Nektar, tragen Pollen von Blüte zu Blüte.

Pollen dringen auch in unsere Nasen und Augen, verursachen Niesen und Schnupfen.

Die Amsel mit ihren kleinen weißen Federn an der Brust ist in unserem Garten schon lange heimisch und stochert mit ihrem Partner im Gras nach Würmern und Käfern. Ob sie beide in ihrem Nest in der Tanne schon Junge füttern?

Blaumeisen sind noch nicht so weit. Im Minutentakt schaffen sie trockenes Gras, Blätter und Moos in ihre Nistkästen.

Das Rotkehlchen lässt sich bei seiner Morgentoilette in der Wasserschüssel zwischen den Beerensträuchern weder von uns noch vom Rasenroboter stören Gelegentlich kommt es auf unsere Terrasse, schaut zu uns ins Fenster, als wollte es sagen: „Wo bleibt mein Futter?“

Nüsse, die wir auf den Gartentisch legen, werden schnell vom Eichhörnchen entdeckt. Der Buntspecht beobachtet das Treiben und holt sich eine Nuss nach der anderen. Er klemmt sie immer in dieselbe Astgabel der Weide, klopft sie mit dem Schnabel fest und hackt sie auf.

Die beiden Tauben auf dem Dach gurren laut in die Frühlingsluft. Anscheinend stören sie damit die Elstern beim Brüten. Denn diese kommen im Sturzflug heran und vertreiben die Tauben.

Wonnig ist es, dieses bunte Treiben rund um den Garten zu beobachten, bei Sonnenschein in der Hängematte zu liegen und sich darauf zu freuen, schon bald die ersten Himbeeren, Stachelbeeren und Johannisbeeren, aber auch Kirschen und Erdbeeren ernten zu können.

 

© Lothar Lax

 

 

Alleine gehen.

 

Sonnenlicht flutet durch das helle Grün der Blätter und legt sich auf ihr Gesicht, auf ihre hübschen, ebenmäßigen Züge.

Sie hatte sich diesen Ort ausgesucht, es ist ihr kleines Paradies.

Ihre Gedanken, die wirren, waren nun geordnet, der Zorn, der sie beherrschte, war geschwunden, die Enttäuschung hatte sich gelegt und eine große Ruhe war über sie gekommen.

Nun kannte sie den Weg, den sie gehen musste; alleine gehen musste.

 

© Franz Köhler 

 

 

Angst erstickt in Grün

Vor Hoffnung keimendes Herz

Flutet mich mit Mut

 

© Caroline Lucht

 

 

Garten der Sehnsucht

 

Wenn man im Stadtzentrum herumspaziert, wo sich die Gässchen bisweilen bis auf Schulterbreite verengen, ist es manchmal, als ginge man durch einen Traum, weiß man doch nie, was hinter der nächsten Ecke auftaucht.

Dazu muss man erst einmal den Damm von Mestre überquert haben und sollte sich vom Bahnhof Santa Lucia tunlichst mit dem Vaporetto annähern. Dabei passiert man zwischen Ca' Rezzonico und Accademia den Garten des Altersheims von Signora Brunetti.

Wenn man zu Fuß vom Marienplatz in München zum Markusplatz in Venedig geht, kommt man daran vorbei. Üblicherweise herrscht drückende Hitze. Auf Schleichwegen erreicht man „Do Mori“ mit lebensrettenden Tamerzini.

Die Serenissima wird zunehmend nicht mehr erlebt und erspürt, sondern konsumiert. Träume werden verraten, Seelen verletzt, Sehnsucht nicht mehr erfüllt. Besser ist, mit dem Vaporetto San Michele zu passieren - Venedigs cimitero. Durch die Lagune bis Torcello mit der Chiesa S. Fosca samt byzantinischen Mosaiken. Dieser Ort ist voller Zauber und Geheimnis, mit jedem Schritt bewegt man sich durch die Zeiten. Römische und byzantinische Privilegierte flüchteten bereits hierher. Es ist eine sanfte Alternative. Die Piazza vor der Kirche verbreitet heitere Leichtigkeit und Ruhe. Tamerzini und Magnum erhöhen die Überlebensfähigkeit. Freundschaft, Schicksal und „Bella ciao“ dringen ins Bewusstsein, erfüllen es.

Abends Coda di Rospo bei „Gianni“ und 3x Espresso mit Amaretto, „senza ghiaccio“ - tutto bene! Die ultimative Alternative bieten die violetten Straßenlaternen in November-Nebelschwaden. Erzeugen einen eigenen morbiden Reiz. Wecken Erinnerungen an „Wenn die Gondeln Trauer tragen" mit Donald Sutherlands übersinnlichen Wahrnehmungen.

 

Die Sehnsucht geht in Wehmut über.

 

© Uli Kölling 

 

 

Mein Garten

 

Zuvor hatte ich nie einen Garten, brauchte im Anfang viel viel Hilfe und Rat.

Doch wie stolz war ich, als unser Garten als einer der schönsten in Hürth prämiert wurde.

Mein Mann mähte nach Geschäftsschluss am Feierabend den Rasen vor dem Haus und hinten. Er behielt den Anzug, weißes Hemd und Krawatte an.

Die Beete mit Blumen und Sträuchern versorgte ich. Kümmerte mich um Kräuter, erntete Johannis- und Stachelbeeren, las im Herbst die Walnüsse auf. Viel Arbeit, aber auch viel Freude an frischer Luft.

Heute noch vermisse ich weniger unseren Bungalow, aber sehr - besonders im Frühling - den Garten, der jetzt nur noch eine Erinnerung ist.

 

© Karolina Sinn

 

 

Nach: Reise um meinen Garten, ein Roman in Briefen von Alphonse Karr

 

Liebe Christine,

 

heute muss ich dir etwas erzählen, das mich einfach nur noch zum Heulen bringt.  

Ich hatte dir in meinen Briefen ja immer wieder was von der „grünen Wand“ gegenüber am Nachbarhaus in unserem Hof vorgeschwärmt. Wie begeistert ich im Frühjahr den immer dichteren Wuchs des Wilden Weins begrüßte, der im Herbst mit seiner intensiven Rotfärbung allen Räumen an dieser Seite der Wohnung einen rosa Hauch verlieh. Auf dem Balkon hatte ich mich extra immer so plaziert, dass ich ihn, über mein Buch schielend, betrachten konnte.

Und nun - ich bin verzweifelt, denn diese grüne Wand ist weg! Einfach weg!

Du erinnerst dich vielleicht, dass ich dir in meinen alten Briefen erzählte, der Hof sei in den vielen Jahren, die wir hier schon wohnen, immer schöner geworden: ein richtiger Garten mit großen Rasenflächen, wo die Kinder spielen und die Erwachsenen nachbarschaftliche Feste feiern konnten. Bäume, darunter ein immergrüner Ilex mit roten Winterbeeren, und Hortensienbüsche in blau und rosa rahmen die Hauswände ein, dazu unterschiedliche Blüten je nach Jahreszeit. Von Jahr zu Jahr größer werdende lila Glyzinien ranken die Abstellfläche für Fahrräder und Mülltonnen ein. Ich hatte dir ja mal ein Foto geschickt, nur um dir zu zeigen, wie ich aus meinem Mini-Balkon einen eigenen blühenden Garten gemacht habe. Aber nun ist daraus ein Bild der Erinnerung an den alten grünen Hof geworden. Ich hab‘s in meinem Zimmer nostalgisch an die Wand gepinnt.

Keine Ahnung, ob man dem Nachbarn eingeredet hatte, der Wilde Wein würde die Substanz der Mauer zerstören. Doch als bei uns die Häuser der Umwelt zuliebe neu beschichtet wurden, schien dasselbe dort mit meiner heißgeliebten grünen Wand zu geschehen. Unsere Vermietergesellschaft konnte dazu auch nichts sagen. Übrig blieben nur eine knallweiße Fläche - und meine bitteren Tränen!

Jetzt kann ich mich nur noch am Nachbarhaus im Hintergrund erfreuen, wo der Wilde Wein sogar die Fenster und oben den Schornstein überrankt. Auf dem Foto kannst du es noch erkennen.

Bis bald und traurige Grüße von deiner

heulenden alten Freundin Edith

 

© Edith Lerch

 

 

Inselplätze

Rückzugsräume

Heilstätten für die Seele

wo Zeit sich dehnt

der Tag gerinnt

und langsam sich

die Wunde wieder schließt

das Kainsmal

sich verwandelt

 

© Sabeth Bußmann

 

 

Großvaters Geschichte.

 

Da saß er nun auf seiner Gartenbank, die er selbst gefertigt hatte. Dafür musste er seinen einzigen Kirschbaum fällen. Das heißt, er musste es nicht. Er tat es aus freien Stücken, jedoch im Verlaufe einer seiner, in letzter Zeit immer häufiger auftretenden, Wutanfällen.

Denn kaum waren die Kirschen reif, kamen Stare scharenweise und fraßen sie auf. Ihm blieb oft nur eine Hand voll, die er verschämt nach Hause trug; kaum ausreichend für einen Tortenboden. Mit den Erdbeeren ging es ähnlich, die den Schnecken zum Opfer fielen und der Salat wurde vorzugsweise von niedlichen kleinen Hasen vertilgt.

Ja, so mancher Tropfen Schweiß rann schon von seiner Stirn in die Scholle.

Er hatte das Land urbar gemacht, ein karges Land, das er von der Stadt gepachtet hatte. Abgetrotzt hatte er diesem Land jede Kartoffel, jede Mohrrübe, bis er sich entschlossen hatte, den Spaten aus der Hand zu legen. Nun ließ er wachsen, was wachsen wollte, und meist war es Unkraut.

Er saß da mit geschlossenen Augen. Er hörte, wie seine zahlreiche Enkelschar herumtollte. Manchmal neckten sie ihn, indem sie aus gemessener Entfernung Pusteblumen nach ihm bliesen und ganz mutige zausten gar seinen Bart.

Doch plötzlich strömten alle herbei, setzten sich mit untergeschlagenen Beinen um ihn herum ins Gras und baten: „Großvater, Großvater, erzähle uns deine Geschichte“. Er lächelte mit geschlossenen Augen. Er hatte die Geschichte schon hunderte Male erzählt. Es war sein Traum von einem Land, in dem Milch und Honig fließt, wo Wolf und Schaf friedlich zusammen leben, um nur ein Beispiel zu nennen.

Sie lauschten seinen Worten; sie spürten seine Sehnsucht nach diesem Land.

Als er geendet hatte, stand er auf, strich seinem jüngsten achtzehnjährigen Enkel noch einmal über die lilagefärbte Irokesenfrisur, richtete dann seinen Blick in die Ferne und verließ wortlos seinen kleinen Schrebergarten.

 

© Franz Köhler 

 

 

 Licht am Ende des Tunnels

 

Am Ende des Tunnels erscheine ein Licht,

Ich schau voraus, noch sehe ich‘s  nicht.

Rings um mich her nur Dunkelheit,

Das Ende des Tunnels ist noch weit.

 

Ein Schimmern, wie ein schwacher Stern;

Das Ende naht, ich glaub es gern.

Vorbei dann Masken und das Testen.

Nun wieder feiern mit Freunden, Gästen.

 

Zu lange mussten wir verzichten

Wozu noch nach Verboten richten?

Das Leben wollen wir genießen

Niemand soll es uns vermiesen.

 

Doch halt!, das Virus ist nicht aus der Welt.

Kommt zurück; fragt nicht ob es bestellt.

Wartet verborgen auf den Moment,

Wo es die Chance für sich erkennt.

  

Drum ist es ratsam mit Bedacht,

Ein jeder gibt auch sich gut Acht.

Dann bleibt das Virus wo es ist,

Vermissen werden wir es nicht.´

 

© Lothar Lax

 

 

Vergeblich der Rückzug

ins Schneckenhaus

Verweigerung der atemlosen Seele   

von Blicken berührt

vom Herzpfeil getroffen

springt die Schale

Worte fahren unter die Haut

Bilder durchstoßen den Traum

an den Wundrändern

der Wirklichkeit

bricht sich das Leben

wir entkommen

der Liebe nicht

 

© Sabeth Bußmann

 

 

Pausieren im Auge des Orkans.

Knistern im Kopf.

Alle Sinne ruhen, geschützt vor dem Chaos im Außen.

Noch.

Absturz und Aufprall unvermeidbar, doch ich schwebe still.

Noch.

Wappne mich für die holprige Landung.

Streite mit Turbulenzen um Balance.

Hefte den Blick an die blaue Lücke am Horizont.

Ich halte stand.

Noch.

 

© Caroline Lucht

 

 

Wer ich bin?

 

Es gibt

 

Reiseleute

Arbeitstiere

Sportfreaks

Wandervögel

Kneipenhocker

Rasenmäher

Konzertbesucher

 

Ich bin

ein Wohnmensch

ein Augentierchen

lebe in

Tonlandschaften

 

bin außerdem

ein Anhänger

der Straßenbahn

und zeitlebens

ein Hosenträger

 

© Sabeth Bußmann 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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