21. und 22. Coronawoche - die Texte fließen weiter

Liebe Leser*innen, kann bei dieser Hitze geschrieben werden? Aber ja! Lehnen Sie sich entspannt - am Besten mit einem Kaltgetränk - zurück und genießen Sie die zu den Impulsen entstandenen Texte.

Viel Spaß dabei!

Ihre Cornelia

In unserem Umfeld finden wir häufig Aushänge an Wänden oder Bäumen, auf denen unsere Mitmenschen der Welt und Nachbarschaft etwas mitzuteilen haben. Schreib eine Antwort auf einen dieser Aushänge. 

Dazu entstanden:

Lieber Mitbewohner der 3. Etage

 

Ich freue mich über ihre Notiz. Singen ist gesund. Der Stoffwechsel wird angekurbelt, das Gehirn wird durchblutet. Singen macht glücklich und froh! Ich möchte Sie einladen, mit mir gemeinsam zu singen. Gerade in den Abendstunden, in der Feierabendzeit, die Fenster weit geöffnet, sollten wir die Tonleiter hinauf und hinunter trällern. Durch das stete Üben werden wir immer besser, so dass vielleicht auch die übrigen Mitbewohner des Hauses, Gefallen an unserer Musik finden und sich anschließen. Der Gewinn ist so groß. All‘ das was aggressiv macht tritt in den Hintergrund. Der Gesang befreit von unguten Gefühlen. Das ständige Wiederholen bringt uns in einen meditativen Zustand. Singen löst Ängste auf. Singen hält gesund. Lassen Sie uns gemeinsam singen. Singen fördert die Gemeinschaft, stärkt das Wir-Gefühl. Wir fühlen uns beschwingt und erleichtert, denn die Musik öffnet die Herzen. In diesem Sinne freue ich mich auf unsere Begegnung.

Ihre Sängerin

 

© Maria Boyn

Schreibimpuls 1: Anlässlich des ‚Internationalen Tag gegen den Hexenwahn‘ gibt es das Thema ‚Hexe‘. Hierzu kann zuerst geclustert werden. Dazu nimmst du dir ein A4-Blatt, quer, schreibst in die Mitte ‚Hexe‘, und sammelst dann Begriff – in Assoziationsketten - die dir dazu einfallen. Später nimmst du dir eine dieser Ketten und nutzt sie zu einem Text. (Man kann sich auch vom Thema entfernen, ich kannte mal einen Dackel, der den Namen ‚Hexe‘ trug …)

 

Dazu entstanden:

Hexen

 

Welches Kind meiner Generation kennt nicht die böse Hexe im finsteren Wald aus Grimms Märchen von „Hänsel und Gretel“. Meine Höllenangst vor ihr war bestimmt nicht gespielt.

 

Irgendwo lagen bei uns auch Bilder vom Brocken herum, wo die Hexen auf ihren fliegenden Besen das Walpurgisfest feiern sollten. Die jagten mir zwar nicht ganz das Entsetzen vor der Märchenhexe ein, aber ich fragte meine Mutter, die vom Harz stammte, doch sehr vorsichtig, ob sie die schon einmal selbst gesehen habe. Natürlich nicht! Solche „Fabelwesen“ gab es doch gar nicht, also brauchte man davor auch keine Angst zu haben. Leider blieb der mütterliche Aufklärungsversuch kaum erfolgreich, denn mein Bruder sorgte weiterhin mit seinen schaurigen Gespenstergeschichten dafür, dass ich zitterte, ein solches Ungeheuer - vielleicht sogar in Form einer bösen Hexe - könnte mir in irgendwelchen finsteren Ecken ganz plötzlich im Nacken sitzen. Es dauerte verdammt lange, mich von diesen Ängsten zu lösen!

 

Als Beteiligte an einer „Faust“-Schulaufführung konnte ich über Mephistos Hexe schon lachen. Sie gibt dem alten Faust mit einem Flammentrank die ersehnte Jugend wieder und „zaubert“ ihm „das schönste Frauenbild“ vor, das er als Gretchen bald in natura erleben sollte.

 

Inzwischen hatte ich aber bereits mehr über die Hintergründe der historisch verbürgten „Hexenverfolgungen“ gehört und gelesen. In außereuropäischen Gegenden und Kulturen, vor allem in Afrika, sind sie heute noch immer nicht ausgerottet. Und da kann einem das Lachen ganz schnell wieder vergehen.

 

Für die Zeit von 1450 bis 1750 schätzt man die Zahl der wegen „Hexerei durch brennend Feuer“ hingerichteten - meist weiblichen - Menschen in Deutschland auf 40.000. Allein hier in Köln sollen es mindestens 2.000 gewesen sein. Aberglaube war in den damals überwiegend agrarischen Gesellschaften weit verbreitet, und für Unwetter, Missernten oder Krankheit von Mensch und Tier suchte man nach Schuldigen, die im „Pakt mit dem Teufel“ sein mussten. Vor allem Frauen, den eher unterwertigen Menschen, traute man durchaus zu, als „Buhlen des Teufels“ jede Form von Unheil zu verursachen.

 

Nach der päpstlichen „Hexenbulle“ von 1484 sollte zwei Jahre später der „Hexenhammer“ des Dominikaners Kramer auch den juristischen Beweis der Notwendigkeit von Prozessen gegen Hexen erbringen, nämlich wegen deren „Gefährlichkeit und Verbreitung“. Eine anonyme Anzeige bei (weltlichen) Gerichten reichte aus, um einer vorgeblichen Hexe den Prozess zu machen. Mit grausamer Folter erzwangen die Richter ein „Geständnis“, und da während der Tortur u.a. nach „Mittätern“ gefragt wurde, zog ein Verfahren andere nach sich. So lernte ich auch das Schicksal der angesehenen Kölner Patrizierin Katharina Henot kennen, die 1627 im Folter-„Geständnis“ einer Nonne als „Mit-Hexe“ benannt worden war. Obwohl Katharina trotz mehrfacher Folter ein Geständnis verweigerte und deshalb juristisch hätte freigesprochen werden müssen, wurde sie zum Feuertod verurteilt. Der Einspruch sonst recht einflussreicher Verwandter blieb erfolglos. Es konnte also jede Frau treffen: aus persönlichen Rachegelüsten, aus Konkurrenzgründen - bei Henot etwa ging es um die Aufrechterhaltung ihrer Postmeisterei gegen die Taxis‘ - oder aus schlichter Geldgier, denn die Denunzianten erhielten die Hälfte des Vermögens einer verurteilten Hexe. Und schon brannten die Scheiterhaufen.

 

Mich schauderten solche „wahren“ Geschichten! Sie verfolgten mich bis in meine Träume - noch ärger als die Märchenhexen der Kindheit.

 

 © Edith Lerch

 

 

Das gemeine Hexenkraut

 

Wer ist die unscheinbare Blume

Die versteckt am Waldesrande steht?

Wer suchte gar den Namen aus

Und nannte sie das Hexenkraut?

 

Ist sie mit ihren kleine Blüten

Bescheiden und doch wunderschön

Wer will ihr Böses gar vermelden

Und auf dem Scheiterhaufen seh’n?

 

© Lothar Lax 

 

 

Die Hexe.

 

Ich weiß es nicht, welcher Teufel die Hexe geritten hat, mich in einen Frosch zu verwandeln, in einen glitschig, grünen Frosch.

„Keinem Menschen habe ich Böses getan“, quakte ich ihr die Ohren voll. „Warum nur, warum ausgerechnet ich?“

„Ganz einfach“, krächzte sie. „Zufällig liefst du mir über den Weg. So etwas nennt man Schicksal. Ich musste meinem großen Hexenmeister meine Fähigkeiten beweisen, sonst hätte er mir die Lizenz entzogen.“

„Also muss ich jetzt mein Leben als Frosch verbringen bis ein Storch mich aufpickt, ein Auto mich platt fährt, ein Froschschenkelliebhaber mich in die Pfanne haut, oder ich an Altersschwäche sterbe.“

„Nicht unbedingt“, sagte die Hexe, „wenn dich eine Jungfrau küsst, bist du erlöst.“

Ich glotzte die Alte aus meinen Froschaugen an: „Wie soll das denn gehen?“

„Lass dir etwas einfallen“, antwortete sie und verschwand.

Ich hüpfte von einem Bein auf das andere und dann auf den Rand des Brunnens.

Es verging eine lange Zeit und nichts tat sich. Ich ernährte mich von Fliegen und Mücken und wartete sehnsüchtig auf eine Jungfrau.

Und dann kam sie, wunderschön. „Ob die noch Jungfrau ist?“, zweifelte ich.

Ein Sprüchlein hatte ich mir ausgedacht und sagte es auf: „Erbarme dich, erbarme dich, küsse und umarme mich.“

Die Jungfrau seufzt: „Ich will’s nur tun, sonst kann der arme Frosch nicht ruhn.“

Und nun vollzog sich ein Wunder. Ich erhielt meine ursprüngliche Figur zurück, schöner als je zuvor. Dankbar küsste ich meine Erlöserin und ich küsse sie bis auf den heutigen Tag, immer und immer wieder, denn sie wurde meine Frau. Manchmal glaube ich, sie hat mich verhext.

 

Es war an einem Winterabend. Wir hatten uns früh zu Bett begeben, denn im Fernsehen gab es nur Wiederholungen. Wiederholungen konnten wir ja nun auch im Bett erleben.

Nach einer Weile dämmerte ich so langsam ein, als meine Frau mich fragte, ihre Stimme war sehr sanft: „Erinnerst du dich noch an die Hexe, die dich in einen Frosch verwandelte?“

Erschreckt fuhr ich hoch. Ein eisiger Schauer durchströmte mich. „Natürlich erinnere ich mich daran, wie könnte ich das je vergessen! Aber warum bringst du das jetzt zur Sprache?“

„Ich möchte dir ein Geheimnis verraten, was mich schon lange quält: Ich war die Hexe.“

„Nein“, schrie ich, „das kann nicht sein.“

„Doch“, sagte sie, „der große Hexenmeister hatte Mitleid mit dir und wies mich an, dich zu erlösen.“

„Nein, nein, nein“, jammerte ich. „Lebe ich denn die ganze Zeit mit einer Hexe zusammen?“

Meine Frau zog mich wieder auf das Bett zurück, streichelte mir die Wangen. Ihre Stimme war samtweich, als sie sagte: „Mein lieber Mann, weiß du denn nicht, dass in jeder Frau auch eine Hexe steckt?“

 

 

© Franz Köhler

Schreibimpuls 2:

Lass dich von dem Bild zu einem Text inspirieren

DAZU ENTSTANDEN.

Ewigkeit.

 

Ich sehe den Eingang zur Ewigkeit

von Engeln bewacht.

Eine Sanduhr rieselt die Lebenszeit,

die das Schicksal mir zugedacht.

Hoch oben steht im Sternenmeer geschrieben:

Sei willkommen, was dich auch getrieben.

Denn hier wird die Liebe zeitlos bestehn.

Sie bleibt das Einzige und wird nie vergehn.

 

© Franz Köhler

Schreibimpuls 2:

 

Lies dir das nachfolgende Gedicht laut vor und lass dich zu einem eigenen Text anstoßen.

 

Vormittag am Strand   (Christian Morgenstern)

Es war ein solcher Vormittag,
wo man die Fische singen hörte;
kein Lüftchen lief, kein Stimmchen störte,
kein Wellchen wölbte sich zum Schlag.

Nur sie, die Fische, brachen leis
der weit und breiten Stille Siegel
und sangen millionenweis'
dicht unter dem durchsonnten Spiegel.

 

Texte zu eigenen Themen und Corona

Heimarbeit

 

Bei dem Stichwort „Heimarbeit“ stelle ich mir eine alte Frau oder einen alten Mann vor, die vor ihrer Haustür Körbe flechten oder Bürsten und Besen herstellen. Es sind dann arme Leute, denn mit Körben und Bürsten kann der Mensch keinen Reichtum erwirtschaften. Es reicht wohl nur als Zubrot, denn von dieser Heimarbeit allein kann der Mensch nicht einmal leben. Gibt es heute überhaupt noch so etwas wie Heimarbeit?

 

Zum Grübeln über dieses Thema bin ich gekommen, als ich kürzlich in der Nacht eine Mail von meinem Steuerberater bekam – abgeschickt um 0.25 Uhr. Was macht der Mensch mitten in der Nacht im Büro?

 

Ich hatte noch eine Frage an ihn wegen meiner Steuererklärung und rief am nächsten Tag bei ihm an. Das Telefon klickte ungewohnt und ich hörte: “Sie sind verbunden mit Steuerberater XY. Er befindet sich in „Home-Office“. Da hatte ich das Wort, das im Computerzeitalter manchmal zu hören war, und nun, während der Corona-Krise, eine weitere Aufwertung erfuhr.

 

Danach kam wirklich die freundliche Stimme meines Steuerberaters. Ich hatte Gelegenheit, ihm meine fachliche Frage zu stellen. Bevor er zu einer Antwort ansetzen konnte hörte ich ein Kind schreien: „Papa, ich Hörer haben, Mama!!“. Ich stellte mir vor, wie so ein kleines Wesen jetzt an dem Papa, der sich in Home-Office befand, zerrte. Er schien sich zu wehren, während er mir zu erklären versuchte, dass es für ihn zurzeit recht schwierig sei. Sein 5jähriger Sohn und seine 2jährige Tochter seien eben zu Hause und nicht in der Kita. Jedenfalls habe ich mir das aus den hörbaren Sprachfetzen zusammengereimt, während Vater und Tochter wohl um den Telefonhörer kämpften.

 

Dann hörte ich ein ohrenbetäubendes Kindergebrüll, irgendetwas schien auch umgefallen zu sein. Der Vater versuchte wohl, den Telefonhörer für eine Entschuldigung an mich zu ergattern. Ich kam ihm zuvor, indem ich versprach, einmal in der Nacht anzurufen, so gegen 0.25 Uhr und legte auf. Jetzt wusste ich nämlich, warum dieser gestresste Vater seine Mail mitten in der Nacht geschrieben hat. Und das Wort „Home-Office“ hat jetzt für mich einen ganz anderen Klang bekommen.

 

©Edeltraut Nölkensmeier

 

 

Pandemie

 

Menschen auf Abstand

Virenverseuchte Mitwelt

Pandemisch vernetzt

 

©Edeltraut Nölkensmeier

 

 

 

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