Die 10. Coronawoche und deren Texte

... in denen es ums tapfer sein und bildhaftes Schreiben geht.

Ich wünsche euch viel Freude beim Lesen und Lächeln!

Cornelia

Schreibimpuls 1:

 

Was denkt, fühlt ihr, wenn ihr das Wort ‚tapfer‘ hört, was fällt euch dazu ein? Ihr könnt, wenn ihr wollt, ein Cluster erstellen und ‚tapfer‘ oder ‚tapfer sein‘ in die Mitte schreiben, und dann Assoziationsketten bilden. Anschließend schreibt ihr zu einer der Ketten oder zu dem, was euch aus eurer „Sammlung“ anspringt. Zudem könnt ihr noch zu Buchtiteln, Gedichten und Zitate schreiben. 

Dazu entstanden:

Tapfer

 

Tapfer

zwischen Steinen und Geröll

von Angesicht zu Angesicht

ausweglos

ausweglos tapfer

einen Namen rufen

das Zittern zeigen

auf Lächeln hoffen

zwischen Steinen und Geröll

tapfer

Leben suchen

mit wunden Wurzeln

nach Wasseradern wühlen

und dabei wälzen

in Fragen

tapfer

Sonne aufgehen sehen

im Regen stehen

und still

nach Wasserworten flehen

tapfer

das Gestern betrachten

auf Morgen hoffen

im Jetzt

bestehen

tapfer

 

© Frauke Junker 

https://www.frauke-schmitz.de/

 

 

 

latent

 

permanent

unterschwellig

schleichend

                                                        

unberechenbar

zudem unsichtbar

besteht Gefahr?

 

trage Maske

nicht nur zum Schein

hoffe aufs Glück

Umarmen

darf nicht sein

 

latent, permanent

alle wissen Bescheid

und auch wieder nicht

was uns befällt, steht im Gesicht

was uns gewählt, fällt ins Gewicht

 

nicht wissen, nichts ahnen,

weiter leben wollen alle

können wir Urlaub planen?

 

hocken im Innern

wohin und woher?

droht irgendwo irgendwas?

Vertrauen fällt schwer

latent permanent

 

© Ann Kristin Bartke

 

 

 

schwarze raben

stimmen mich traurig.

magnolien weinen

teilen schmerz und leid.

mandelbäüme

wehren sich

tapfer und kühn.

 

hauchzart flattert mein herz.

will ich tapfer sein

muss ich nicht nach himmelsferne schauen.

will ich tapfer sein

ergreife ich das, was wirklich wirklich ist.

 

© Maile Ira Folwill       

 

 

Tapferkeit und Heldentum.

 

Ach wie schnell verblasst der Ruhm.

 

Um es direkt vorweg zu sagen:

Über Tapferkeit konnte ich nie klagen,

denn ich habe sie nicht besessen.

Und es wäre zu vermessen,

jetzt plötzlich Tapferkeit zu zeigen

und zu tapferem Tun zu neigen.

Feigheit war stets mein Lebenselixier,

sonst wäre ich mit 90 nicht mehr hier.

 

Nun ja, vielleicht habe ich etwas „untertrieben“.

Verzeiht es mir, ihr schreibenden Lieben.

 

© Franz Köhler     

 

Das Wirkliche tapfer ergreifen         eine Annäherung

Dietrich Bonhöffer

 

Dietrich Bonhöffer war tapfer, entschlossen zum Widerstand bereit. Couragiert, mutig „Mit Gott gegen Hitler“traf er seine Entscheidung zum aktiven  christlichen Widerstandskampf. Er war einer der Ersten, der die Kirche in Deutschland beharrlich und entschieden  aufforderte , ihre Stimme für die Juden zu erheben. Tapfer ergriff er die Realität. Aufrecht und zielbewusst lehnte er das verlockende Angebot einer Professur im Ausland ab, um dem

„Christlichen Volk in Deutschland“ beizustehen. In der Widerstandszelle beim militärischen Geheimdienst Canaris unterstützt und organisiert er furchtlos

die Hitlerattentate. Wagemutig hält er mit dem Ausland Kontakt, indem er über das Vorhaben der Widerstandskämpfer berichtet. Er wird verhaftet und im April 1945 im KZ Flossenberg hingerichtet. Ehrbar sind seine letzten Worte: „Das ist das Ende, für mich der Beginn des Lebens“

Charakterfest und rechtschaffen bleibt er als einer der tapferen Widerstandskämpfer in Erinnerung.

 

Im Kontext: Synonym Tapfer Kind

 

Wir Nachkriegskinder spielten nachmittags auf der Straße. Draufgängerisch und forsch ließen wir unserem Bewegungsdrang freien Lauf. Wir spielten Fangen, Verstecken, Völkerball und Vieles mehr. Verwegen rannten wir los, um beherzt , den Nächstbesten einzufangen. Dies blieb nicht ohne Folgen.. Die Blessuren „Reibekuchen, auf Kölsch Rievkooche“ genannt, brannten höllisch. Heroisch „Der Indianer kennt keinen Schmerz“ wurde ohne zu klagen weiter gespielt. Mit blutigen aufgeschlagenen Knien kamen wir abends nach Hause.

Dort angekommen hieß es: „Jetzt musst du die Zähne zusammenbeißen“. Die Wunde wurde gesäubert, dann mit Jod  beträufelt, desinfiziert. Es brannte wie Feuer. Noch heute treibt mir der Gedanke Tränen in die Augen. Der Ausspruch “Du bist ein tapferes Mädchen“ erfüllte mich DAMALS mit Stolz.

 

 © Maria Boyn

 

 

Tapfer

 

Ich bin ein Kriegskind - und „tapfer sein“

Gehörte zum Repertoire

Aller Menschen damals, groß wie klein,

Weil’s angeblich notwendig war!

Der „tapfere Soldat“ sollte Vorbild sein,

Er verteidigte ja das Land,

Selbst wenn er dabei mit blutiger Pein

Vor dem Feind den „Heldentod“ fand.

 

Mit „stolzer Trauer“ ward‘s dann bekannt:

Auf dem „Felde der Ehre“ gefallen,

Für „Hitler, das Volk und das Vaterland“,

war er „Tapferster“ von allen.

 

Ich kann’s nicht mehr hören, dieses Wort,

Das endlose Kriege befeuert.

Das heute noch immer, fort und fort

Sinnloses Morden erneuert.

 

Die einzige Form von „echtem Mut“?

Kampf - mit anderen Waffen - dagegen

Und „für das Leben“ als wahres Gut!

Das lohnt sich auf allen Wegen.

 

© Edith Lerch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schreibimpuls 2:

 

Lass dich von dem Bild inspirieren

Dazu Entstanden:

St

Steinwüste, soweit das Auge reicht!

e

Ein trauriger Anblick.

i

In der Ferne ein Hoffnungsschimmer:

n

Nah bei den größten Steinen ein

w

Wunder!

ü

Übermütig ein einsames Blümchen

s

Sonne bestrahlt es

t

Tapfer bahnt die Blume sich ihren Weg.

e

Ein kräftiger Schritt nur und es ist weg

 

 © Karin Burmeister

 

 

Das tapfere Habichtskraut

 

    Es war einmal eine kleine Blume, die von allen anderen Blumen und Stauden im Garten verlacht wurde, weil sie so unscheinbar und zu nichts nutze zwischen Rosen, Fuchsien und Kamelien am Boden hockte. Da beschloss sie auszuwandern und sich irgendwo zu verstecken, wo die anderen sie nicht sehen konnten. Am Wegesrand fand sie einen Steinhaufen, auf dem die Sonne niederbrannte und wo der Boden so trocken und fest war, dass keine Wurzel ins Erdreich eindringen konnte. Sie suchte sich einen schattigen Platz zwischen den Steinen und weinte stundenlang ihren Schmerz heraus. Ihre Tränen benetzten die Wurzeln, die somit Kraft fanden, unter den Steinen her zu wachsen. Es war eine kalt Nacht, Nebel zog auf und benetzte die Steine mit Tau. Gierig sogen die Wurzeln die Tautropfen auf.

  Am Morgen öffnete die Blume ihre Blütenblätter und streckte sie der Sonne entgegen. Die Nachbarn im Garten hatten immer Blätter und Zweige über sie ausgebreitet und ihr verwehrt, die Sonne zu sehen. „Oh!“, sagte die kleine Blume, „ich habe ja die gleiche Farbe wie die Sonne“,  und sie war ein wenig stolz darauf.

  Schon näherte sich eine dicke Hummel, die sich wunderte, hier eine so schöne Blume zwischen den Steinen zu finden und besuchte sie: „Dich habe ich hier noch nie gesehen, du musst schon sehr tapfer und stark sein, hier zwischen den Steinen zu blühen. Wie heißt du denn?“. Weil sie noch keinen Namen hatte, schaute sie zum Himmel hoch. Dort zog ein großer Habicht seine Kreise. Sie antwortete: „Ich bin das Habichtskraut! Alle anderen Blumen haben Angst vor mir; keine andere wagt sich in meine Nähe, so wie die anderen Vögel sich verstecken, wenn sie den Habicht sehen. Aber du darfst gerne kommen und bei mir Nektar saugen.“

  So fand die Blume Habichtskraut einen Standort, bei dem sie sich ungehindert der Sonne entgegenstrecken konnte. Häufig bekam sie Besuch von der Hummel, aber auch von anderen Insekten. Sie lebte noch viele Jahre glücklich in ihrem Steinhaufen und bekam viele Kinder.

 

 

© Lothar Lax

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Kommentare: 3
  • #1

    ann kristin (Dienstag, 26 Mai 2020 19:13)

    ..eine nette Fabel..toll, sie gefällt mir gut..danke..aus Lev. von Ann Kristin

  • #2

    Edith, Mittwoch, 27. Mai 2020 (Mittwoch, 27 Mai 2020 16:09)

    Schön, lieber Franz, dass du dich zu deinem Mut zur Feigheit bekennst. Sie wirkt in jedem Falle lebensverlängernd! LG bis bald Edith

  • #3

    Franz (Donnerstag, 28 Mai 2020 16:15)

    Liebe Edith. Du hast mir mit Deinem " Kriegsgedicht" aus der Seele gesprochen.
    Ich war 9 Jahre alt, als der Krieg losging, habe Schreckliches erlebt. Es wird immer wieder Menschen geben, die aus der Vergangenheit nicht lernen; leider.
    Danke und LG Franz