Frühling, Reisen und mehr

Liebe LeserInnen, nun habe ich eine ganze weile Texte für Sie gesammelt und heute gibt es - passend zu Ostern - einen neuen Artikel. Hier finden Sie verschiedene Schreibimpulse zusammengefasst und die Texte, die dazu entstanden sind.

Viel Spaß beim Lesen und vielleicht auch selber Schreiben!

Ihre Cornelia

dazu entstanden

Hase Helmut

 

H

Hase Helmut hoppelt hurtig hinter Henne Helga her, hastet hakenschlagend – Hokuspokus – hinterm Heu hervor, hingebungsvoll hechelnd, Helgas herzlose Hiebe heroisch herunterspie-lend. „Heiraten?“ haucht Henne Helga, „Him-mel, Herrgott! Helmut!“

 

A

„Augenfällig Alzheimer“, albert Amsel Annegret aus Ahornästen. Alle anderen Artgenossen ant-worten aufgeregt: „Aufdringlicher Abenteurer! Alkoholiker! Antichrist! Abnorme Anbaggerei! Absolut anstößig, Alter!“

 

S

Sie spüren schlüpfrigen Sex. Sonst sarkasti-sche Spötter, suchen sie, sehnsuchtsvoll sab-bernd, Scheunenlöcher, Stallritzen. „Solche Schlampe“ schimpft Sieglinde scharfzüngig. „Schmierig“, stichelt Susi, „sittenwidrig, skanda-lös!“ „Still, Schwestern, schaut! Seufzen sie schon? Stöhnt sie? Sträubt sie sich?“

 

E

Epilog. Eigentlich ein erfreuliches Ergebnis. Elf Eier erbeutet, eins entzwei, egal. Ein Eimer-chen Eheglück. Erna, ein eigensinnig eroti-sches Ehehasenweib, erfindet erfahrungsge-mäß erstaunliche Erlebnis-Essen. Entkleidet, ermattet erliegt er erneut Ernas einfallsreichen, ergötzlichen, erregenden Eierkuchen. Ein Eldo-rado! Epochal!

 

© Sabeth Bußmann

 

 

Umarmende Reime

 

Der Frühling naht mit milden Lüften.

Wir warten seiner voll Verlangen,

Und vertreiben alles düstre Bangen.

Die Natur ist erfüllt von Blumendüften.

 

Was nutzt es auf Corona zu schimpfen.

Geschäfte, Museen und das Bad geschlossen;

Mit Geduld müssen wir auf Besserung hoffen.

Ich lass mich nun zum Schutze impfen.

 

© Lothar Lax

 

 

 

Umarmender Reim

 

Beobachtend sitz ich am Fenster

Halm um Halm die Meise im Schnabel trägt

Das Männchen flattert plusterig aufgeregt

huschen davon wie kleine Gespenster

 

April hat sich als März getarnt

Sonne, Hagel, Blau, Grau dann Wind

April ist dann auf Mai getrimmt

Klimaforscher haben uns gewarnt

  

Liegen bleiben in warmen Kissen

In der Frühe lockt Kaffee nur

Mal lieber ohne Schuss ganz pur

Sonst krieg ich wieder nichts geschissen

  

Graues Licht trübt die Seele ein

Sonnenstrahlen leuchten auf frischem Grün

Vertreiben dunkle Gedanken und Mühen

Frühling kann ein Retter sein

 

© Caroline Lucht 

 

 

 

Blumen sind das Lächeln der Natur und tragen Liebesgedanken

sind Mittler zwischen Welt und Seele

Doch nichts wächst schneller, wenn ich daran ziehe.

Wenn die Blumen lächeln ist es Frühling

Aber sie tragen Tränen im Winter

Die Blüte symbolisiert die Geheimnisse unseres Geistes

sie wirft all ihre Blätter ab, doch der Mensch wirft mit schlimmen Worten

 

© M. M.

 

 

Der Frühling.

 

Er stieg behände über die mit Narzissen und Tulpen bepflanzten Blumenkästen auf unserem Balkon, streichelt ihre zarten Blütenkelche und tritt durch die offene Tür, die vom Balkon in unsere geräumige Wohnküche führt.

Ich stand wie so oft am Spülbecken, in der Hand ein grün-gelber Schwamm, das Wasser durch ein im Fernsehen empfohlenes Spülmittel, mit einem milden Schaum veredelt. Das Geschirr liegt in diesem wohlig warmen Wasser, so dass sich Essensreste leichter lösen.

„Oha“, freue ich mich, „da bist du ja endlich, mein Frühling.“

„Nun ja“, sagt er, „der strenge Winter hat mich lange aufgehalten.“

„Setze dich an den Küchentisch, ich spüle Teller und Tassen, dann trinken wir Kaffee.“

„Machst du immer noch diese niedrige Küchenarbeit?“

„Na ja, du kennst doch meine Frau. Sie sagt, ich wäre ihr Franzomat und meint, wir brauchten keine Spülmaschine.“

Kaffee-und Blütenduft vermischten sich zu einer wundervollen Komposition.

„Ich muss weiter“, seufzte er, „und überleg dir das mit der Spülmaschine; du wirst auch nicht jünger.“

Meine Frau kam vom Einkauf zurück. „Hattest du Besuch?“

„Ja, der Frühling war hier.“

„Ach ja?“

„Er meinte, wir sollten uns eine Spülmaschine anschaffen.“

„Kommt überhaupt nicht infrage. Du spülst so großartig, so perfekt. Da für lobe ich dich überall und jede meiner Freundinnen möchte so einen Mann wie dich.“

„Nun gut“, dachte ich, „vielleicht kann daraus einmal etwas werden.“

 

© Franz Köhler

 

 

Düfte sind wie die Seele der Blumen,

man kann sie fühlen, selbst im Reich der Schatten

 

© M. M.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Surfen.

 

Natürlich war ich mir der Gefahr bewusst, als ich mit meinem Surfbrett auf dem Grat der Killerwelle ritt. Mindestens 18 Meter hoch, raste diese Urgewalt auf die Küste zu.

Mein Adrenalinspiegel erhöhte sich nur geringfügig, frönte ich doch seit meiner Kindheit dieser Extremsportart.

Nach wenigen Minuten überschlug sich die Welle und riss mich in die Tiefe.

Das wäre eigentlich nicht erwähnenswert, wenn sich nicht ein Strudel gebildet hätte, der verhinderte, dass ich wieder an die Oberfläche kam. Er sog mich förmlich tiefer und tiefer.

Es war ein einziger Horror und ich weiß bis heute nicht, wie es mir möglich war, euch diese Geschichte so anschaulich und wahrheitsgetreu wie möglich zu übermitteln.

 

© Franz Köhler

 

 

 Der Katamaran

 

  Im September 1987 verbrachten wir zu drei Familien mit Kindern zwei Wochen auf Kuba.

Diesmal fuhren wir nicht in den Touristenort Varadero, sondern nach Ancón. Der Ferienort liegt an der Ostküste. Wir wohnten in einem sehr schönen Hotel, direkt am Strand, das vor allem Staatsgästen aus dem befreundeten Ausland vorbehalten war. So trafen wir dort auch auf Gäste aus der DDR, die als „Helden der Arbeit“ ausgezeichnet waren und sich den Aufenthalt in Kuba somit erworben hatten. Die Fahrt hatte ich über die sowjetische Botschaft in Bonn als Reisegruppe der SPD gebucht. Zu dem Hotel gehörte eine Surfschule mit Bootsverleih. Am zweiten Tag meinte Reinhard. „Lass uns ein Segelboot mieten, ich bin schon einmal auf dem Wannsee gesegelt“. Richard und ich waren noch nie auf einem Segelboot. Unsere Frauen, hatten Angst seekrank zu werden, denn die See war heute ziemlich rau. Sie blieben lieber mit den Kindern am Strand.

 

  Im Vertrauen auf Reinhards Segelkünste mieteten wir uns für zwei Stunden einen Katamaran und segelten los. Der Wind war günstig und das Boot nahm rasch Fahrt auf. Nach einiger Zeit meinte Reinhard: „Setzt euch nach Steuerbord, ich leite jetzt eine Wende ein, dann können wir noch was in der Nähe vom Strand entlang segeln.“ Wir rutschen zur rechten Seite und Reinhard gab sich an Pinne und Segel zu schaffen. Der Katamaran machte eine heftige Bewegung, richte sich senkrecht auf und warf uns Drei ins Wasser. Ich sah mich um, ob keiner von uns verletzt war und versuchte dann mit kräftigen Kraulzügen hinter dem Katamaran herzuschwimmen. Aber den Versuch gab ich schnell auf, der Katamaran trieb nun in vollen Segeln und ohne Besatzung in die Karibik hinaus. Uns blieb nichts anderes übrig, als zum Stand zurück zu schwimmen, von dem wir uns bereits ein ganzes Stück entfernt hatten.

  Zum Glück war der Vorfall von unseren Frauen beobachtet worden; sie verständigten den Mann am Bootsverleih. Aber auch dort war man auf unseren unfreiwilligen Hinauswurf aufmerksam geworden. Ein Surflehrer war bereits mit seinem Surfbrett unterwegs, um das Boot einzufangen.

  Als wir am Ufer ankamen, war der Katamaran schon einige Zeit vor uns wieder am Steg eingetroffen und vertäut. Wir entschuldigten uns für die Umstände, die wir bereitet hatten und zahlten den doppelten Mietpreis. In den nächsten Tagen verzichteten wir aufs Segeln und liehen uns dafür Flossen, Tauchermasken und Schnorchel aus. Bereits ca. zweihundert Meter vom Strand entfernt erstreckte ich ein breites Korallenriff, das am Ende fast senkrecht in die Tiefe abfiel. Es war ein wunderbares Erlebnis, hier in der Welt der bunten Korallen und Fischen zu tauchen. Es gelang mir nach einer sehr schönen, lilafarbenen Muschel und einer weiteren großen Muschel zu tauchen. Im Handtuch versteckt brachte ich sie aufs Zimmer; es war ja verboten Sachen vom Strand auszuführen. Heute schmücken die Muscheln die Ablage in unserem Badezimmer.

 

© Lothar Lax

 

 

Rodeo

 

On Jackson Hole,

im schönen Staat Wyoming,

sah ich ein Rodeo und es war voll.

 

Die Nationalhymne hörten wir.

Nicht jeder kam zum Sitzen auf dem Tier.

 

War's ein Pferd, das nie einen Reiter getragen,

dachte es - wie konnte er es wagen?

 

Zum Schluss wurde gefeiert der Beste,

der lang auf dem Pferd saß, man feierte ihn feste.

 

Nicht jeder hat das Glück so etwas zu sehen.

Das ließen wir uns nicht entgehen!

 

©  Karolina Sinn

 

 

Sonnenuntergang auf See

 

„Edith, Aufwachen! Los - deine Wache beginnt um acht!“

Mühsam krabbele ich aus der Vorschiffskoje unseres Seglers, die auf diesem Törn die Schlafstatt gemeinsam mit meiner Wachpartnerin Bea ist, plumpse irgendwie in die Kajüte und schaue in das grinsende Gesicht meines Mannes Heinz.

„Habe ich tatsächlich zwei Stunden fest geschlafen?“ frage ich ihn gähnend.

„Es war nicht zu überhören“ spottet er.

Bea ist bereits damit beschäftigt, eine Kanne Tee für die Zeit bis Mitternacht vorzubereiten. Sie erinnert mich daran, etwas Warmes anzuziehen, denn die Herbstnächte im Mittelmeer sind kühler, als man glauben möchte, und der Golfe du Lion kann unruhiger sein, als man diesem Gewässer vielleicht zutraut.

„Wie herrlich weit haben wir es denn schon gebracht?“ möchte ich wissen. Heinz zeigt mir auf der Karte, dass wir die alte Gefängnisinsel Capraia vor uns haben, nordöstlich der Spitze Korsikas. Das bedeutet, noch ungefähr 125 Seemeilen geradewegs bis nach Nizza, wenn der Wind durchhält. Müssen wir vielleicht doch die Genua gegen die Fock tauschen.

„Nein - löse deinen Sohn direkt an der Pinne ab, damit er in die Koje klettern kann bis zu unserer Hundewache um Mitternacht“ kommandiert Heinz mit Skippermiene, und schon fragt Jochen von oben:

„Mensch, Mami, wie lange brauchste eigentlich noch, bis du wach bist?“

„Ich komme ja schon“ rufe ich ihm zu, öffne das Luk zum Cockpit - und traue fast meinen Augen nicht - einen solch phantastischen Sonnenuntergang habe ich selten gesehen! Rote Strahlen scheinen Himmel wie See so zu spiegeln, dass man den Horizont nur noch erahnen kann. Unser westlicher Kurs führt uns geradezu in diese Farbenexplosion hinein.

„Die Insel sieht aus wie das Chateau d’If“, stelle ich fest, „sitzt der Graf von Monte Christo dort immer noch?“

„Quatschkopp, falsche Geographie und Zeit“, werde ich belehrt. „Capraia war bis 1986 eine landwirtschaftliche Strafkolonie, nachzulesen im Bordhandbuch.“

„Sehr wohl, verehrter Herr Lehrer - doch jetzt lasst mich wenigstens noch einen Moment diese traumhafte Kulisse genießen, dann übernehme ich auch brav Pinne und Kurs - 310° - stimmt’s? Ich kann ja noch ein bisschen weiter gucken, bis die Sonne ins Meer sinkt. Unser Kahn läuft doch recht zügig und dabei friedlich. Was sagt der Wetterbericht? Bleibt es so die Nacht? Na prima, denn man los! Weiberwache! - Ihr Männer könnt jetzt schlafen. Gute Ruh!“

Ich erlöse meinen Sohn und ergreife aufatmend die Pinne. Bea bringt heißen Tee, gut mit Rum „verdünnt“ - zu uns nach oben. Prost! Ein paar Butterbrote hat sie sicherheitshalber auch vorbereitet.

So kann‘s bleiben bis Mitternacht.

 

© Edith Lerch

 

 

Erinnerungstage

 

nicht zu vergessen die lodernden Wolken, feuerumsäumt

den von Fliegern durchkreuzten Himmel

singende Kräne im Hafen

und den Zug schreiender Gänse

die einen geraden Strich über das Wasser ziehen

 

nicht zu vergessen das brüchige Blau der Bank

Bohlen vom Sonnenlicht erwärmt

die tanzenden Flocken der Pappelblüte

und das Sommerschiff

das gleißend weiß und lautlos den Fluss durchpflügt

 

nicht zu vergessender Flügelschatten über deinem Kopf

den vom Blitz gespaltenen Buchenstamm

unwirkliches Gelb am Ufer

und die aufgeblähten Leiber der Fische

ein schwankender Leichenzug

 

nicht zu vergessendes Abendrot

das mit glühenden Speeren dein Herz aufreißt

die schnell fallende Decke der Nacht

und das demütige Warten darunter

mit Worten aus Dunkelheit und Licht

 

© Sabeth Bußmann

 

 

Zwei mal Sieben banale Zeilen

                                  

An meinem Schreibtisch

döse und denke ich :

Was soll ich schreiben ?

Dösen und Denken sind Zwillinge.

Sie haben den selben Ursprung.

An meinem Schreibtisch

kann ich dösen und denken zugleich.

 

Jeden Morgen

gehe ich ins Dorf.

Warum ?

Ich kaufe eine Zeitung,

eine frische Tageszeitung.

Jeden Morgen

gehe ich deshalb ins Dorf.

 

© Dieter Metzmacher 3.21

 

 

Wenn der Tag beginnt

Schreibe ich von mein Leben alles was schön ist, bleibt auch schön und frage mich, wie schaffe ich diesen Tag? Es ist ein Wunderminute, ein Sonnenscheinstrahlen im Herz, wie ein Sonnenaufgang.

In der Mitte des Tages

Schreibe ich davon, wie schnell die Zeit dieses halben Tages vorbeigegangen ist, und dass ich in meinem Leben diese Wunderstunden voller Zufriedenheit und Erinnerung so oft wie möglich wiederholen möchte und bereite weitere dieser halben Tage vor.

Wenn der Tag vorüber ist

Schreibe ich von mir an einem Tag wie diesen, wünsche mir unendliche Wundertag und noch viel mehr Zeit für Gedanken und Gefühle von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.

In der Nacht

Denke ich endlich daran meine Auge zu schließen, damit mich die heilige Wundernacht im Traum auf neue Wege für die nächsten Tage führt. Gott sagt mir dann: Es geht weiter, bleib du gesund! Der Tag bringt neues Leben!

 

© M. M.

 

 

Schreibort

 

Das Bootshaus

verlassen

die grünen Läden

längst geschlossen

verwaschen

der ockerfarbene Putz

der Marmorbrunnen

zugeweht

südlicher Zauber

über der Rheinschleife

der Zugang verborgen

ein kleines Labyrinth

mit brüchigen Stufen

vergessene Holztische

von der Sonne erwärmt

Zuflucht für

Sucher für Finder

heimlicher Schreibort

unter Pappelriesen

Worte pflücken

aus ihren wispernden Zweigen

 

© Sabeth Bußmann

 

 

Gelassenheit - „Denke lieber an das, was du hast als an das, was dir fehlt“ (Marc Aurel)

 

Ein großes Wort, gelassen ausgesprochen von einem der Stoa anhängenden römischen Kaiser! Doch - leider - ich habe in der letzten Zeit viel sehnsüchtiger an all das gedacht, was im Jahr davor so ganz selbstverständlich schien und was ich jetzt im Alltag vermisse. Corona hatte ihm den Garaus gemacht.

Ich vermisse den liebevollen Kontakt mit der großen Familie, Kindern, Enkeln und Urenkeln. „Abstand halten!“ lautet die erste Bürgerpflicht. Ich vermisse den Besuch von Restaurants, fast noch mehr die kulturellen Veranstaltungen wie Theater, Oper und Konzert. Die Online- Variante mit Blick auf die Musiker vor grotesk-leeren Zuschauertribünen bedeutet nur einen traurigen Ersatz. Ich vermisse die Kulturreisen, z.B. die Osterkonzerte der Berliner Philharmoniker in Baden-Baden oder - auf studentischem, aber sehr kreativem Niveau - die Fahrten unserer Fördergemeinschaft der Kölner Musikhochschule zu den Kollegen in Aachen.

Zum Jammern über scheinbar Verlorenes neige ich weniger, eher zum Fluchen. Doch es gab mir zu denken, als vor kurzem in einem Gespräch auf dem Treppenabsatz eine sehr liebe Nachbarin viel drastischer als Marc Aurel formulierte, wir „alten Knacker“ seien doch noch prima dran! Wir brauchten nicht um unseren Job zu zittern, die Rente komme ganz selbstverständlich aufs Konto, wir hätten kein Home-Office und dazu Kinder im schulpflichtigen Alter, die es als „Ersatzlehrer“ zu beschulen gelte, und wir brauchten uns keine Gedanken über den Ausgleich von Schulden unserer Regierung zugunsten der bedrohten Kneipen, Läden und anderen Unternehmen zu machen. Das bleibe späteren Generationen überlassen, die dann lauthals über die Sünden ihrer Altvorderen meckern könnten. Zu diesem Zeitpunkt seien wir längst gestorben.

Du hast Recht, liebe Nachbarin, wir haben jetzt tatsächlich noch genug zum Freuen, z.B. dass wir auch im Alter noch als Ehepaar zusammen, dass die Familie und wir selbst gesund sind - aktuell sogar schon zweimal geimpft - dass wir in Ruhe alle Bücher wieder lesen können, die bisher doch im Regal liegenblieben, dass wir telefonieren und mailen, dazu kreative Kochrezepte ausprobieren können, die zu einem späteren Zeitpunkt ein Menu für viele Gäste bilden werden, wenn’s denn endlich wieder möglich ist. Ach, es gibt so viel nachzuholen.

Also lächeln wir dabei und denken an spätere bessere Zeiten.

 

© Edith Lerch

 

 

Gelassenheit

 

Ich
habe Ruhe bewahrt,
was sollte ich wohl anderes machen?
Diese unangenehme Sache
war alles andere als zum Lachen.


Ausdauernd,
wie ich nun einmal bin, doch
die Geschichte zieht
sich mittlerweile
viel zu lange hin.

 

Ich
lerne Gelassenheit, denn der
Erfolg ist nicht mehr weit.
Gelassen sein darf man nicht
mit Gleichgültigkeit verwechseln.

 

Sie
ist höchste Lebenskunst,

eine erlernbare Charaktereigenschaft
auf dem langen
Weg der Weisheit.


Wichtig ist

Dinge zu akzeptieren,
die nicht zu ändern sind
und mutig handeln, wo es möglich
und nötig ist - denn nichts geschieht ohne Sinn.

 

© M. M.

 

 

 

Marc Aurel

 

Marc Aurel, deine Sätze sind so aktuell.

Du hast gelegt vor langer Zeit,

das sah ich schnell.

 

Kaiser warst du, Philosoph und Politiker -

wo nahmst du bloß die Zeit noch her

so kluge Worte niederzuschreiben,

die für immer bleiben?

 

Meine Hochachtung gilt dir von ganzem Herzen,

damit ist es mir nicht zum Scherzen.

 

Ein kluger Kopf, ich merkte es schnell

warst du fürwahr Kaiser Marc Aurel.

 

© Karolina Sinn

 

 

Umarmungen

 

Wir leben eine blöde Zeit

voll ungewohnter Schmerzen,

schwierig auszumerzen.

Ein krummer Weg, der ziemlich weit.

 

Ich mag die Beatles und mag Bach,

ich mag Musick und Musiek.

Beide bringen sanftes Glück,

auf einmal oder nach und nach.

 

© Dieter Metzmacher 3.21

 

 

Fäden

 

wer webt das Muster für den neuen Tag

wer wickelt die Fäden der Zeit

wer wirft das Fangnetz in den Morgen

wer hält das Rettungsseil bereit

 

wer näht das Kleid aus bitteren Stunden

wer breitet die Decke des Schlafs über die Angst

wer legt den Mull auf blutige Wunden

wer knüpft der Zuversicht ein Perlenband

 

wer spinnt dir Flügel aus Seidenstaub

wer bindet deinen Traum an einen Stern

wer wirkt dein feinstes Leichentuch

wer flicht das Wurzelwerk über deine Knöchelein

 

© Sabeth Bußmann

 

 

Die Farben sind die letzte wahre Kunst

Freundschaft und Liebe schenken Blumen

sie sind zwei Pflanzen aus einer Wurzel

doch die Liebe trägt einige Blüten mehr.

 

© M. M.

 

 

 

Freier Flug - Zu 'A Clear Midnight' von Walt Whitmann

 

Wie tröstlich

sich selbst zu erlauben

frei zu fliegen

wie ein Vogel

 

Starke Arme

werden zu Flügeln

Zu Schwingen

frei wie der Kondor leben

 

Denn so sieht Freiheit aus

in schillernden Farben

nie Erlebtes wird wahr

 

Es war immer da

zu greifen nah

Es muss gelernt sein

Mut gehört dazu

auch Gefahr

 

Ich kann es

FREI FLIEGEN

Übe den freien Fall

nach getaner Arbeit

 

Werde mich weit fortbewegen

Später

viel später

zurückkehren

 

Denn nur hier

wo ich geliebt werde

kann ich träumen

von der Nacht

dem Schlaf

und den Sternen

 

@Käthi Schneider

 

 

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